Nasim

von Ole Jacobs und Arne Büttner (85 Min.) 85 Min. | 2022

Gestrandet in Moria, dem größten Flüchtlingslager der EU, kämpft Nasim gegen ihre eigenen Ängste und die Widrigkeiten des Camps für ein selbstbestimmtes Leben. Als das Lager im September 2020 komplett abbrennt scheint alle Hoffnung erloschen.

Nasim

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Ein Film von
Ole Jacobs und Arne Büttner
Jahr
Länge
85 Min.
Untertitel
Sprache

Presse Nasim

In dem ruhigen, von der dröhnenden Leere des Wartestands erzählenden Porträt „Nasim“, das ihr Ole Jacobs und Arne Büttner widmen, ringt sie mit um eine neue Zukunft und alltägliche Würde.
Der Tagesspiegel
Ein intimes Plädoyer für ein anderes, offeneres Europa
Leipziger Zeitung
Der Film lässt mit seiner behutsamen und emphatischen Erzählweise mit seiner Protagonistin mitfühlen. Die Zuschauer*innen erleben den Mut, die Verzweiflung und Solidarität einer emanzipierten Frau und fürsorglichen Mutter.
Milan Schnieder, Carmen Salas-Cardenas und Martin Klindtworth (ver.di-Jury)

Synopsis

Nasim ist 38 Jahre, stammt aus Afghanistan und kam im Februar 2020 als Geflüchtete aus dem Iran über die Türkei nach Griechenland. Moria, das größte Flüchtlingslager der EU, wurde zwangsweise zum Wohnort für Nasim. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Shamsullah, ihren beiden Söhnen und der erweiterten Familie, versucht Nasim das harte Leben im Camp zu überstehen. Ihre emotionslose Zwangsehe, in die sie im Alter von 13 Jahren gedrängt wurde, beginnt sie nun mehr und mehr in Frage zu stellen. Ihre Schwester versucht sie zu einem neuen, unabhängigen Leben zu motivieren, doch Nasims eigene Unsicherheiten und Ängste scheinen ihr im Weg zu stehen. Um in Europa bleiben zu dürfen, muss sie ihre Asyl-Anhörung gemeinsam mit ihrem Ehemann bestehen, dessen Vergangenheit sie kaum kennt. In der Nacht vom 8. auf den 9. September 2020 zerstört ein Großbrand das komplette Lager und Nasim und ihre Familie stehen vor dem Nichts. Es folgen Demonstration, Obdachlosigkeit und Polizeigewalt. Doch Nasim kämpft weiter um ihre Zukunft.

Author's Note

von Ole Jacobs und Arne Büttner

„I am so sorry refugees, this is not Europe“ hatte jemand an die Mauer des Camps Moria geschrieben. Auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen: Moria, mit all seinem Elend, den Menschenrechtsbrüchen, den Hütten aus Holz und Plastik im Olivenhain, dem Asylgefängnis, den kranken Kindern – all das ist Europa und ein direktes Ergebnis der verfehlten Migrationspolitik der Europäischen Union. Moria ist Sinnbild für eine systematische Ausgrenzungs- und Abschreckungspolitik. Die Fragen nach Verantwortlichkeiten für diese Zustände und Teilhabe von Flüchtenden an europäischen Gesellschaften können beim Anblick solcher Elendslager nicht mehr weggewischt werden.

Unsere gemeinsame Reise auf Lesbos begann im März 2020 mit einem journalistischen Auftrag für die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Unser Ziel war es, auf die Missstände in diesem Teil Europas aufmerksam zu machen. An einem unserer ersten Tage im Camp sprach uns Nasim an und fragte, ob wir Journalisten seien. Sie wäre auch gerne Journalistin geworden, hätte ihr Leben einen anderen Lauf genommen. Wir erfuhren, wie die Reise nach Europa Nasim mit ihren eigenen Vorstellungen vom Leben konfrontierte und in eine Situation brachte, eigene Entscheidungen fällen zu müssen – und zu können. Beeindruckt von ihrer starken Persönlichkeit und der damit verbundenen Suche nach ihrer neuen Identität im Kontext einer Fluchtgeschichte, begannen wir mit ihr zu filmen.

In unseren bisherigen Arbeiten setzten wir uns bereits mehrfach mit den Themen Migration und Flucht auseinander. So half Ole als Aktivist, im „Sommer der Migration“ 2015 Geflüchteten im Balkan Informationen über die Fluchtrouten und freien Internetzugang zu erhalten. Als Bildgestalter für den Dokumentarfilm „Lo que queda en el camino“ begleitete Arne über viele Monate eine alleinstehende Mutter, die sich mit ihren vier Kindern in der Migrantenkarawane von Guatemala durch Mexiko zur US-Grenze durchschlug.
Auch Nasim übernimmt als Mutter eine schwierige und im Kontext von Flucht und Migration wenig sichtbare Rolle: Wie andere Mütter trägt sie nicht nur ihre eigene Verantwortung, sondern die der gesamten Familie auf ihren Schultern. Zudem erschweren patriarchale Strukturen, wie sie auch in der afghanischen Community in Moria vorherrschen, Nasims Weg zu einer Gleichstellung.
Unsere Beziehung zu ihr war anfänglich geprägt von gegenseitiger Neugier und Schüchternheit. Doch genauso, wie wir Nasim vertrauten, dass sie uns Neuigkeiten aus dem Camp mitteilen und uns den Zugang zur afghanischen Nachbarschaft herstellen würde, verließ sie sich auf uns als ihre Freunde auf Lesbos. So gut es ging standen wir ihr zur Seite. Sie wiederum half uns beim Farsi-Lernen, damit wir uns besser im Camp verständigen konnten. Zeitweise belastete ihre Zerissenheit über die eigene Zukunft und ihr Familienleben unsere Beziehung erheblich.
Jedoch ist unsere Freundschaft durch viele Extremsituationen, wie zum Beispiel die Zeit der Obdachlosigkeit nach dem Brand, gewachsen. Wir ertrugen gemeinsam Hunger, Durst, Erschöpfung und Schlafmangel, Kälte und Krankheit, Streit und Versöhnung.

So verging ein scheinbar unendlich langer Sommer, der uns die Möglichkeit einer Annäherung verschaffte. Drei Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Teilen der Erde kommen und gänzlich verschiedene Leben führen, waren neugierig, diese scheinbaren Trennlinien zu überwinden und entwickelten eine tiefe Freundschaft. Hierdurch gelang es uns, behutsam, langsam und sehr nah mit Nasim zu drehen. Acht Monate begleiteten wir sie und ihre Familie und hielten intime Momente in dieser Zeit des Umbruchs fest.

Unser Film spricht auch aus einer Widerstandshaltung gegen das westliche Klischeebild von muslimischen Frauen. Sie sind nicht die stummen Opfer, zu denen sie oft reduziert werden. Nasim ist eine Frau voller Kraft, Enthusiasmus und Humor, die für ihre Rechte, ihre eigene Zukunft und die ihrer Kinder kämpft. Menschen, die in Lagern wie Moria eingesperrt werden, haben Namen, Wünsche und Bedürfnisse. Nasim ist eine von ihnen.

Hintergrund

Seit dem Migrations-Deal mit der Türkei verfolgt die Europäische Union auf den griechischen Inseln an ihrer Außengrenze die sogenannte “Hot Spot Politik” – Das heißt, alle Geflüchteten werden auf grenznahen Inseln in Camps interniert und dürfen diese nicht verlassen, bis über ihren Asyl-Antrag entschieden wurde. In den zur Abschreckung konzipierten Lagern wie Moria, die eine schnellstmögliche Abschiebung zurück in die Türkei ermöglichen sollten, reichten die vorgesehenen Kapazitäten schon bald nicht mehr aus.. Es bildeten sich slum-artige Mini-Städte aus improvisierten Holz- und Plastikhütten. Geduldet durch die griechischen und europäischen Behörden, sollte der Abschreckungseffekt durch gewolltes Elend maximiert werden.

In Moria lebten zeitweise über 20.000 Menschen in diesen unwürdigen Bedingungen und warteten monatelang, teils Jahre, auf ihre Anhörungen vor der Asyl-Behörde. Besonders für Frauen ist die Situation in den Camps unerträglich: Mangelnde Hygiene, Schlafmangel und die ständige Sorge vor Gewalt machen ein normales Leben unmöglich.

Auch Nasim übernimmt als Mutter eine schwierige und im Kontext von Flucht und Migration wenig sichtbare Rolle: Wie andere Mütter trägt sie nicht nur ihre eigene Verantwortung, sondern die der gesamten Familie auf ihren Schultern. Zudem erschweren patriarchale Strukturen – Machtverhältnisse wie sie auch in der afghanischen Community in Moria vorherrschen – Nasims Weg zu einer Gleichstellung. Nasims Herkunft aus Afghanistan und ihre Vergangenheit als Geflüchtete im Iran machen die Lage noch komplizierter. Wie alle afghanischen Geflüchteten hatte Nasim im Iran keine Aufenthaltspapiere, keinen Status, keine soziale Absicherung und war damit vollständig auf das Sicherheitsnetz ihrer Familie angewiesen. Trotzdem versucht sie, allen Widrigkeiten des Lebens mit Würde und erhobenen Hauptes zu begegnen und ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Preise & Festivals

DOK Leipzig

2021 | Deutscher Wettbewerb | DEFA + Ver.di Preis

Achtung Berlin

2022 | Wettbewerb Dokumentarfilm

Crossing Europe Film Festival

2022 | Wettbewerb Dokumentarfilm

DOXA Documentary Film Festival

2022 | Feature Dokumentary

Hot Docs

2022 | The Changing Face of Europe

Credits

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Allgemeines zur Veranstaltung

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